Bjarne, Marie und Elena stürzen sich in die Brandung. Die Welle rollt zwischen ihnen durch, holt zwei des Trios von den Füßen , während die Dritte rechtzeitig abtaucht.
Diesen Augenblick genießen die drei Jugendlichen wie die anderen 37 Kinder neben ihnen, während fünf Augenpaare vom Strand aus aufmerksam darüber wachen, dass alle Köpfe wieder auftauchen.
Die Jungen und Mädchen sind allesamt Gäste des Fünf-Städte-Heims. Die Retter gehören allesamt zum Arbeiter-Wassersport-Verein 09 aus Hamburg beziehungswiese zum befreundeten „Vorwärts“. Seit 70 Jahren gibt es diese wunderbare Verbindung, die 1948 noch während der Gründungsphase des Jugendheims auf einem Materialschein vereinbart worden ist.
„Es ist ein wunderschönes Fleckchen Erde hier. Unsere Kinder sind hier groß geworden. Es ist schön, mit den Jugendlichen und ihren Betreuern zusammenzukommen“, erzählt Tinka Barenberg, die im Hauptberuf in der Personalabteilung der Hamburger Berufsfeuerwehr tätig ist, warum sie seit Jahrzehnten einen Teil ihres Urlaubs mitten im Trubel der Feriengruppen verbringt.Selbstverständlich gehört auch für die Rettungsschwimmer der Spaß dazu. Gern erzählen die Älteren von den fröhlichen Taufspielen für die „Neuen“, bei denen sowohl Erstretter als auch Jungbetreuer so manche unangenehme Aufgabe zu lösen haben. Doch am Ende entpuppt sich der Wattwurm, der bei verschlossenen Augen verspeist werden muss, meistens als Naschkram – meistens, aber nicht immer.
Doch wenn die vier- bis fünfköpfige Wachmannschaft am Strand den Abschnitt mit Fahnen festgelegt hat, wo gebadet werden darf, dann gelten strikte Regeln. „Selbstverständlich tragen auch die Gruppenleiter weiter ihre Verantwortung. Aber wir entscheiden, wo die Grenzen liegen. Die Kinder haben alle in der ersten Welle genauso viel Spaß wie in der zweiten“, sagt Stefanie Schoppen, Dozentin für Ernährungswissenschaften an der Universität Hamburg. Sie hat Schwimmen im Atlantik gelernt, wo ihr Vater, als Einziger hinter die große Brandung rausschwimmen durfte und so manch einen zu waghalsigen Badegast mitgerettet hat. „Aber der beste Schwimmer ist oft nicht der beste Retter“, hat Stefanie Schoppen gelernt. Im Ernstfall heiße es, vor allem die Ruhe und Nerven zu bewahren.
Diesen Notfall müssen die Rettungsschwimmer des Arbeiter-Wassersport-Vereins jedes Jahr trainieren – praktisch und auch theoretisch. Wer zum ersten Mal mit am Fünf-Städte-Heim steht, der muss zudem die Nervenprobe aushalten. Er schwimmt, gesichert von einer Rettungsleine weit hinaus, spürt dort, wie die Strömung unbarmherzig den Schwimmer vom Ufer wegzieht und wird dann dank Leine wieder rausgezogen – Ende gut, alles gut. So soll es bleiben. Das haben sich Tinka, Steffi und die nächste Generation der Retter mit Joelina (17) und Philipp Barenberg (26) fest vorgenommen. Dafür werden sie alle wachsam bleiben, damit die Gäste des Fünf-Städte-Heims sich weiter in die Brandung stürzen können.

Ein Bild aus den alten Zeiten
Foto: Archiv Fünf-Städte-Verein
